Demenz erkennen, unterstützen und Lösungswege finden

Wenn Gedächtnisleistung, kognitive und alltägliche Fähigkeiten nachlassen, sprechen wir von Demenz. Die häufigste psychiatrische Erkrankung im Alter stellt große Herausforderungen an Betroffene und Angehörige. Was Demenz im Alltag bedeutet, wie man sie frühzeitig erkennt und welche Therapien und Versorgungsszenarien sich im fortgeschrittenen Stadium anbieten, erläutern wir im Überblick.
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Vergesslichkeit und zunehmende Schwierigkeiten beim Erinnern können eine normale Alterserscheinung sein. Häufen sich die Gedächtnislücken jedoch und verändert sich das Verhalten von älteren Personen stark oder kommen Orientierungsstörungen hinzu, müssen Angehörige über die Möglichkeit einer vorliegenden Demenz nachdenken. Die häufigste psychiatrische Erkrankung im Alter betraf im Jahr 2011 noch 1,2 Millionen Deutsche, wie Zahlen aus dem Leuchtturmprojekt Demenz vom Bundesministerium für Gesundheit belegen. Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft bezifferte den Stand 2018 bereits auf 1,7 Millionen Betroffene. Bis 2050 soll die Zahl den Schätzungen zufolge aber auf über 2 Millionen zunehmen. Grund dafür ist nicht zuletzt die steigende Lebenserwartung. Besonders häufig tritt Demenz bei über 80-Jährigen auf. Anders als so manches Krankheitsbild ist Demenz im Normalfall eine neurodegenerative, d.h. chronisch fortschreitende und nicht heilbare Krankheit: Sie betrifft das Gehirn und schränkt dessen kognitive und emotionale Leistungen wie das Denken, Sprechen, Orientieren, Rechnen, Lernen, Urteilen und Entscheiden in fortschreitendem Maße ein. Da die Ursachen für das Auftreten der Erkrankung oft unklar bleiben und es keine Heilungsmöglichkeiten für den neurodegenerativen Prozess gibt, steht die Versorgungssituation
für Demenzerkrankte und ihre Angehörigen im Vordergrund.

Demenz diagnostizieren lassen

Dennoch ist eine frühe Diagnose wichtig: nur so können Betroffene die Entwicklung möglichst lange hinauszögern und selbstbestimmt Vorkehrungen treffen. Der Gang zum Arzt, so unangenehm er sein mag, bringt in vielen Hinsichten Klarheit: im Rahmen einer Befragung und psychologischer Tests kann das Ausmaß der Gedächtnis- und Orientierungsstörungen besser bestimmt werden. Ebenso wird der Arzt durch einen medizinischen Check zunächst versuchen, alle denkbaren organischen und damit therapiefähigen Ursachen wie z.B. eine Schilddrüsen-Unterfunktion, einen Tumor, ein Hämatom oder krankhafte Wasseransammlungen in den Hirnventrikeln auszuschließen. Aber auch eine zu Grunde liegende Depression oder Medikamenten-Nebenwirkungen können für kognitive Defizite verantwortlich sein. Erst wenn Computertomografie, EEG sowie Blut- und Urinuntersuchungen ergebnislos bleiben, kann von einer klassischen Alzheimer-Demenz ausgegangen werden. 

Die häufigste Form der Demenz ist Alzheimer 

Demenz kann unterschiedliche Formen haben: von der vaskulären Demenz, ausgelöst durch eine Durchblutungsstörung im Gehirn, bis zur selteneren frontotemporalen Demenz, bei welcher absterbende Nervenzellen in bestimmten Gehirnarealen Persönlichkeitsänderungen hervorrufen. Mit über 60 Prozent ist „Alzheimer“ jedoch die wohl häufigste Ausprägung der Demenz.

Symptome bei beginnender Demenz

Häufig wird Demenz erst im Spätstadium diagnostiziert. Dabei gibt es frühe Anzeichen, die spezifisch geschulte Hausärzte
sofort erkennen könnten. Das Nachlassen des Verstandes und der Denkfähigkeit äußert sich vielschichtig: von Einbußen beim Kurzzeitgedächtnis und Denkvermögen, Motorik und Sprache bis hin zum Persönlichkeitswandel. Für Außenstehende zeichnet sich ein zunehmender Abbau von Fähigkeiten auf kognitiver, emotionaler und sozialer Ebene ab. Erstes Leitsymptom ist jedoch immer die Gedächtnisstörung, d.h. die Fähigkeit, sich Informationen über kurze Zeit zu behalten oder grundsätzliche Schwierigkeiten, sich Dinge zu merken. Dieser Gedächtnisverlust beeinträchtigt bei der Demenz das tägliche Leben: Fragen werden wiederholt, wichtige Daten und Ereignisse vergessen. Das Planen und das Lösen von Problemen, aber auch gewohnte Tätigkeiten fallen Betroffenen immer schwerer – sei es nun ein Brettspiel oder das Aufsuchen eines bekannten Ortes.

Alzheimer: die wichtigsten Warnzeichen

Auch zeitliche und örtliche Verwirrung, Fehlinterpretationen visueller und räumlicher Eindrücke sowie Veränderungen beim Sprechen und Schreiben sind Indizien: wenn bekannte Dinge mit neuen Begriffen umschrieben werden, das Gespräch plötzlich abgebrochen wird oder der Betroffene der Unterhaltung Anderer nicht mehr folgen kann, liegen typische Warnzeichen vor. Auch die Fähigkeit zum logischen Nachvollziehen von Schritten eines Vorgehens, zum Erinnern an verlegte Gegenstände sowie das Urteilsvermögen und die Hygiene können sich verschlechtern. Das Arbeitsvermögen und die Teilnahme an sozialen Aktivitäten lassen nach oder werden gezielt vermieden. Sozialverhalten und Antrieb, aber auch der Charakter ändern sich scheinbar: Demenzerkrankte verlieren außerhalb ihrer Routine-Zone leichter die Fassung und geraten in reizbare, ängstlich-unruhige oder verwirrte bis misstrauische Stimmungszustände.

Wie geht es weiter?

Im späteren Verlauf einer Demenz folgen meist Orientierungsprobleme und Defizite im Langzeitgedächtnis, d.h. der Rückgriff auf langjährig genutztes Wissen und Fähigkeiten entfällt. Kurzfristige Gedächtnisverluste müssen demnach nicht zwangsläufig eine beginnende Demenz sein. Erst wenn Symptome über ein halbes Jahr hinweg auftreten, besteht Grund zu dieser Annahme. Nicht eingeschränkt sind bei Demenz dagegen das Bewusstsein, die Sinne und die Wahrnehmung.

Demenz und Medikamente – eine gute Idee?

Tatsächlich gibt es sogenannte Antidementiva: Medikamente, welche die geistige Leistungsfähigkeit auf begrenzte Zeit stabilisieren. Darüber hinaus kann Ihnen der Arzt bei gleichzeitig auftretender oder zu Grunde liegender Depression Antidepressiva oder Neuroleptika bei Unruhe und Ängsten verschreiben. Das gängige Mittel der Wahl bei Demenz sind heute jedoch zumeist nicht-medikamentöse Behandlungsansätze wie Physio- und Ergotherapie, aber auch Musik- und Kunsttherapie sowie psychologische Sitzungen.

Was pflegenden Angehörigen hilft

Der Verlust von alltagspraktischen Fähigkeiten und ungewohnte, bisweilen herausfordernde Verhaltensweisen wie z.B. fehlende Emotionskontrolle führen bei pflegenden Angehörigen von Demenzerkrankten nicht selten zur Hilflosigkeit und Überforderung. Eine häusliche Unterstützung bei der Betreuung und Pflege ist elementar, wenn ein Umzug ins Heim möglichst lange vermieden werden soll. Zahlreiche Versorgungsnetzwerke unterstützen Angehörige von Demenz-Betroffenen mit sozialpädagogischer Beratung, informieren umfassend über die Erkrankung und erarbeiten gemeinsam Strategien zum besseren Umgang mit derselben. Sie helfen auch dabei, die eigene Belastbarkeit realistisch einzuschätzen.

Entlastung durch 24-Stunden-Pflegekräfte

Wenn es schnell gehen muss, bieten zertifizierte Vermittlungsstellen wie z.B. Pflege zu Hause (www.pflegezuhause.info) 24-Stunden-Pflegekräfte aus dem Ausland, die im Alltagsgeschäft zur Hand gehen und Betroffene im eigenen Zuhause unterstützen. Diese eher kostspieligen, da privat finanzierten Dienstleister sind mitunter bereits innerhalb von 4 bis 5 Tagen nach Kontaktaufnahme vor Ort. 

Beratung und Hilfe-Netzwerk 

Darüber hinaus bieten alle großen Städte Beratungsstellen
für selbstständiges Leben im Alter. Nachbarn, Angehörige wie auch Betroffene finden hier Hilfemöglichkeiten, um so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden leben zu können. Die öffentlich finanzierten Berater machen Hausbesuche
und unterstützen bei der Suche nach Pflegediensten, die über die Kranken- oder Pflegekasse bezahlt werden. Eine weitere alternative und praktikable Wohnform für Demenzerkrankte sind Wohngemeinschaften. Hier leben Sie mit circa 6 bis 12 Menschen in einer selbst- oder trägerorganisierten Gemeinschaft und werden durch einen ambulanten Pflegedienst betreut.

Woran Sie denken sollten: Vollmacht und Patientenverfügung

Denken Sie als Demenzbetroffener und Angehöriger schon frühzeitig über notwendige, schriftliche Verfügungen nach: eine Vorsorgevollmacht legt fest, wer für Sie eintritt und Entscheidungen trifft, wenn Sie nicht mehr im Vollbesitz der geistigen Kräfte sind. Haben Sie keine Angehörigen, wird die Vorsorgevollmacht einem gesetzlichen Vertreter übertragen. Auch eine Patientenverfügung ist unerlässlich, um Angehörigen später keine schweren Entscheidungen aufzubürden.

Strategien für Demenz im Alltag

Doch was hilft nun Demenzerkrankten selbst im Alltag? Der Erhalt bisheriger und Aufbau neuer Alltagsaktivitäten sind gerade beim Alleinleben mit Demenz wichtig. Als positiv unterstützend bewähren sich Experten zufolge vor allem regelmäßige
Ergotherapie und Physiotherapie. Aber auch Einzelgespräche mit Psychologen, Entspannungsübungen und ein durchstrukturierter Alltag mit Gedächtnisstützen erweisen sich als sinnvoll, um den Umzug in eine Pflegeeinrichtung
hinauszuzögern. Die Broschüre „Was kann ich tun?“, herausgegeben von dem Deutschen Alzheimer Gesellschaft e.V., bietet zudem wertvolle Tipps und Strategien für Demenzerkrankte (Download unter www.deutsche-alzheimer.de/fileadmin/alz/broschueren/Was_kann_ich_tun.pdf). 

Demenz und Forschung

Demenzerkrankungen werden seit längerem intensiv erforscht: in der jüngsten Zeit vor allem im Zusammenhang mit dem Thema Ernährung. Doch auch genetische Faktoren stehen im Blickfeld der Forscher. Einen Überblick über die Forschungslage finden Sie unter https://www.deutsche-alzheimer.de/die-krankheit/forschung.html


Von Anna Engberg (AE)

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