Im Gespräch mit Dr. med. Maria Margarete Karsten

Dr. med. Maria Margarete Karsten hat sich schon während ihrer Facharztausbildung auf den Bereich der Brustkrebsdiagnostik und -behandlung spezialisiert. Anschließend hat sie eine spezielle Zusatzausbildung zur Brustchirurgin in den USA erfolgreich abgeschlossen. Seit November 2016 arbeitet und forscht sie als Oberärztin am Brustzentrum der Charité in Berlin.

Sie sprach mit der Mehr Leben über Brustkrebs, der etwa jede achte Frau betrifft.

 

Mehr Leben: Wie viele Frauen erhalten die Diagnose „Brustkrebs“? Betrifft es nur Frauen ab einem bestimmten Alter?


Dr. med. Karsten:

Leider ist Brustkrebs eine Erkrankung, die auch bereits bei jüngeren Frauen auftreten kann, besonders wenn es Brustkrebserkrankungen in der Familie gibt. Daher ist es für Frauen aller Altersgruppen wichtig, selbst die Brust in regelmäßigen Abständen abzutasten, um Veränderungen feststellen zu können. Es stimmt jedoch, dass die Häufigkeit von Brustkrebserkrankungen im Alter zunimmt.
 

ML: Was können Ursachen sein? Auf welche Symptome sollte man achten?


Dr. med. Karsten:

Leider haben wir auf diese Frage noch keine gute Antwort, die für alle Frauen zutrifft. Es gibt jedoch mittlerweile gesicherte Daten, dass beispielsweise Übergewicht und übermäßiger Alkoholkonsum mit einer Erhöhung des Brustkrebsrisikos einhergehen. Außerdem wissen wir immer mehr über genetische Veränderungen, die ebenfalls zu einer Erhöhung des Brustkrebsrisikos führen. Bezüglich der Symptome gilt, dass Veränderungen wie beispielsweise ein neu aufgetretener Knoten in der Brust, blutige Flüssigkeit aus der Brustwarze, plötzliche Einziehung der Brustwarze oder Hautrötungen, die auch mit Antibiotika nicht besser werden, unbedingt abgeklärt werden müssen. Am besten ist es in so einem Fall, sich bei der Frauenärztin vorzustellen, die dann alle weiteren Untersuchungen entweder selbst durchführen oder veranlassen kann.

ML: Welche Vorsorgemaßnahmen kann man selbst durchführen?


Dr. med. Karsten:

Neben dem regelmäßigen Abtasten der Brust sind weitere vorbeugende Maßnahmen, auf einen gesunden Lebensstill zu achten, einen normalen Body Mass Index zu halten und falls Übergewicht besteht, dieses versuchen zu reduzieren. Auch eine Reduktion des Alkoholkonsums sowie regelmäßige Bewegung haben einen präventiven Effekt.

ML: Wie gehen Sie vor, wenn der Verdacht einer Krebserkrankung bei einer Patientin vorliegt?


Dr. med. Karsten:

Als erstes erfolgt eine ausführliche Anamnese mit Erhebung der bisherigen Krankengeschichte der Patientin, der Frage nach Krebserkrankungen in der Familie, Einnahme von Hormonpräparaten etc. An zweiter Stelle steht die klinische Untersuchung, gefolgt von Brustultraschall und Mammographie. Sollte sich im Rahmen dieses Prozesses ein auffälliger Befund ergeben, ist der nächste Schritt die histologische Sicherung durch eine Stanzbiopsie. Erst das histologische Ergebnis kann dann den Verdacht einer bösartigen Erkrankung bestätigen und gibt uns vor allem erst die Möglichkeit, die weiteren Therapieschritte zu planen, da es unterschiedliche Arten von Brustkrebs gibt.

ML: Welche Möglichkeiten der Behandlung gibt es?


Dr. med. Karsten:

Das hängt ganz davon ab, welche „Art“ von Brustkrebs sie haben. Manche Patientinnen beginnen die Therapie mit einer Chemotherapie, bei manchen Patientinnen wird zuerst operiert. Abhängig davon, welche Art der Operation durchgeführt wird, ist eine Bestrahlung notwendig oder nicht.

ML: Was passiert bei der Nachsorge?


Dr. med. Karsten:

Nach abgeschlossener Therapie beginnt die Zeit der Nachsorge. Hier erfolgt erst alle drei Monate, dann halbjährlich und nach fünf Jahren einmal jährlich die Untersuchung der Brust. Gleichzeitig sollte einmal im Jahr eine Mammographie der erkrankten Brust durchgeführt werden. Wurde der Brustkrebs nicht durch die Mammographie, sondern beispielsweise durch einen Brustultraschall oder eine Kernspintomographie festgestellt, sollte diese Untersuchungsmethode auch mit erfolgen.

ML: In welchen Bereichen kann die Patientin auf die Unterstützung der Krankenkassen zählen?


Dr. med. Karsten:

Die meisten Krankenkassen bieten eine Vielzahl von Hilfen im Rahmen der Brustkrebserkrankung an. Dies kann von gezielten Programmen zur Gewichtsreduktion bis hin zu speziellen Reha-Sportgruppen für Frauen mit Brustkrebs reichen. Am besten setzt man sich hier einfach mit der Krankenkasse in Verbindung, um zu erfahren, welche genauen Angebote einem zur Verfügung stehen.

ML: Welche psychologischen Folgen kann eine Brustamputation auslösen?


Dr. med. Karsten:

Die Entfernung einer Brust ist für alle Frauen ein einschneidendes Ereignis, das Auswirkungen auf viele Aspekte des Lebens hat – unabhängig davon, ob sich die Frauen für eine Rekonstruktion entscheiden oder nicht. Dies beginnt mit den Fragen „Wie werde ich danach aussehen?“, „Sieht man dies durch die Kleidung hindurch?“, „Was ist, wenn ich schwimmen gehe?“ bis hin zu Fragen der eigenen Körperwahrnehmung, Sexualität, Einfluss auf die Partnerschaft usw. Deshalb ist es wichtig, diese Ängste und Fragen Ihrem betreuenden Arzt/ Ihrer betreuenden Ärztin mitzuteilen, um dann gemeinsam Lösungen zu finden.

ML: Sind Epithesen die einzige Möglichkeit für einen „ästhetischen Ausgleich“?


Dr. med. Karsten:

Nein. Es gibt immer mehr Frauen auch in höherem Alter, die sich für eine Rekonstruktion der Brust – sei es mittels eines Implantates oder Eigengewebe – entscheiden. Es gibt Frauen, die ganz klar äußern, dass sie keine Form der operativen Brustrekonstruktion wünschen – für diese Frauen ist eine Epithese der beste Weg. In manchen Fällen ist eine Brustrekonstruktion nicht sofort möglich – auch hier ist die Epithese eine gute Lösung, bis dann ein Wiederaufbau der Brust erfolgen kann. Der Unterschied zwischen Epithese und Rekonstruktion ist, dass eine Epithese etwas ist, das ich von außen auf die Brust aufsetze – sie ist nicht mit dem Körper verbunden, ermöglicht aber den Frauen ein normales Körperbild in bekleidetem Zustand.

ML: Sanitätshäuser wie auch das Sanitätshaus Seeger hilft bieten Dessous- und Bademodenschauen für Epithesen-Patientinnen an. Was halten sie davon?


Dr. med. Karsten:

Ich finde das eine hervorragend Idee – dies ermöglicht den betroffenen Frauen, sich ein Bild davon zu machen, was mittlerweile alles möglich ist oder wie das Aussehen nach der OP sein wird. Die meisten Frauen, die ich betreue und die an einer solchen Veranstaltung teilgenommen hatten, waren froh darüber und erstaunt über die optischen Möglichkeiten.

Vielen Dank für das interessante Gespräch!

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