Lebenslanges Lernen und wenig Ruhestand

Helga Schwarz promovierte im Alter von 80 Jahren und wurde mit magna cum laude ausgezeichnet. Es ist ein schöner, sonniger Tag als wir Helga Schwarz im Hauptgebäude der Humboldt-Universität zu Berlin Unter den Linden treffen.

Eine kleine, zierliche Frau mit weißen feinen Haaren kommt auf uns zu, sie läuft am Stock, stellt ihn ganz eitel weg, als wir sie bitten Platz zu nehmen. Unter ihrem beigefarbenen Mantel trägt sie eine rote Bluse, die ihren roten Lippenstift betont. Sie hält ihre Hände ganz ruhig auf dem Tisch und berichtet uns von ihrem Buch, von den Schwierigkeiten bei der Recherche und davon, dass sie wenig vom Ruhestand halte, dafür viel vom lebenslangen Lernen. 

Helga Schwarz ist die älteste Doktorandin, die die Humboldt-Universität in Berlin je betreut hat. Wir hören gespannt zu und lassen sie einfach reden. Das kann sie. Jedes Wort ist mit Bedacht gewählt und ihre Sätze sind syntaktische Meisterstücke. Später überlässt uns Schwarz unser Frage-Antwort-Spiel. Wir fragen sie, wie es sich anfühle – so als Doktor? Sie grinst uns keck an und sagt: „Natürlich schmeichelt es einem ein bisschen, dass man jetzt ‚Doktor‘ ist, gebe ich ehrlich zu. Ich bin ziemlich stolz, zumal die Universität mich mit magna cum laude bewertet hat. Es war immer mein Traum.“ Ihr gesamtes Berufsleben hatte sie als Bibliothekarin gearbeitet, die Wissenschaft lockte sie jedoch zeitlebens.

Ihre 500-seitenlange Doktorarbeit widmete sie dem Bereich Bibliotheks- und Informationswissenschaft mit dem Thema „Das Deutsche Bibliotheksinstitut – Im Spannungsverhältnis zwischen Auftrag und politischen Interessen“. Bevor sie in Pension gegangen war, hatte Schwarz selbst 17 Jahre lang am „Deutschen Bibliotheksinstitut“ gearbeitet: „Ich empfand es als meine Mission diesem renommierten Haus und den Gründen für seine umstrittene Schließung im Jahr 2000 nachzugehen. Das Thema war sehr brisant, ein richtiger Politkrimi. Für einen jungen Menschen wäre es zu heikel gewesen, weil es so viel mit politischen Machenschaften zu tun hat, aber ich habe ja nichts mehr zu befürchten. Sechs Jahre habe ich daran gearbeitet und niemandem davon erzählt. Ich wollte alle erst mit dem Ergebnis überraschen.“

Bereits 1988 hatte sich die alleinerziehende Mutter mit Vollzeit-Job in der Bibliothek der Stiftung Preußischer Kulturbesitz für einen Magister-Studiengang Bibliothekswissenschaften an der Freien Universität eingeschrieben. Ihren Abschluss machte sie jedoch erst 1995 im Alter von 59 Jahren.

„Eigentlich hätte ich gern im Anschluss daran meine Doktorarbeit geschrieben“, erklärt sie, „aber das ging nicht. Ich war im Job, mit der Pflege meiner kranken Mutter und der Erziehung meiner Tochter zu sehr eingespannt.“ Geheiratet hat Helga Schwarz nie. Überhaupt beugte sie sich weder dem Zeitgeist noch dem – in Westdeutschland – gängigen Frauenbild. Sie ging einen emanzipierten eigenen Weg. So auch 1968 als sie anfing die Programmiersprache Fortran zu lernen.

Sie gehörte zu den Wegbereitern der Digitalisierung im Bibliothekswesen. Ein multiples Talent, das programmieren kann, etwas von EDV versteht und über das Wissen um die Bedürfnisse und Strukturen von Bibliotheken verfügte, das sie später genutzt hat, um auf Datenverarbeitung umzusteigen.

Die Ur-Berlinerin ist noch immer viel auf Achse. Sie erzählt von den vielen internationalen Konferenzen des Bibliotheksverbandes, zu denen sie noch fahren wird, von ihren Projekten, die sie noch vor sich hat und von ihren geplanten Reisen und den Sprachen, die sie noch lernen will: „Ich bin nicht nur Wissenschaftlerin, sondern vor allem auch eine Reisetante.“

Ihr nächstes Ziel sei Samoa, denn dieser Südsee-Region gilt auch ihr neuestes Projekt: „Ich würde so gerne richtig Polynesisch lernen. Ich kann ein bisschen schon, das ist super-interessant! – ‚Talofa‘ heißt ‚Guten Tag‘, ‚Tofasulfua‘ – ‚Auf Wiedersehen‘.“

Und auch körperlich hält sich Schwarz stets und ständig fit. Trotz körperlicher Einschränkungen ist sie sehr aktiv, fährt noch selbst Auto und weite Strecken. Sie macht Tai Chi und geht ins Fitnessstudio, besucht ihre Tochter und ihre Enkel, geht auf klassische Konzerte.

Zudem zeigt sie allwöchentliches Engagement in einer Willkommensklasse, in der sie Grundschüler betreut und vor allem Kindern aus Syrien und Afghanistan lesen und schreiben beibringt.

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