Volksleiden Rückenschmerz: Wie wir dem lästigen Schmerz den Rücken kehren

Das war ein sehr langer Prozess der Evolution, bis wir Menschen den aufrechten Gang angenommen haben. Aber vielleicht hätten wir die vielfältigen Rückenprobleme nicht, wenn wir uns weiterhin auf allen Vieren bewegen würden. Aber „hätte“ und „wenn“ gibt es nicht mehr.
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Wir sind doch als Menschen stolz darauf, dass wir jeden Tag den aufrechten Gang gehen können. Aber nicht jeder kann ganz aufrecht gehen, weil anhaltende Rückenschmerzen ein Aufrichten des Oberkörpers verhindern. Die aktuelle Statistik der DAK-Krankenkasse schätzt ein, dass jeder 5. krankgeschriebene Patient in Deutschland an Muskel-Skelett-Erkrankungen leidet. Rückenleiden, Atemwegs- und psychische Erkrankungen sind die häufigsten Gründe für eine Krankschreibung. Ist es das lange Sitzen am Arbeitsplatz, die schlechte Haltung oder sind es falsche Belastungen, die sich auf Dauer schmerzhaft bemerkbar machen? Drei Viertel der Deutschen klagen über gelegentliche Rückenschmerzen. Bei acht Millionen Menschen sind sie bereits chronisch. 
 

Rückenschmerzen haben verschiedene Ursachen

Wissenschaftliche Untersuchungen haben bewiesen, dass Kreuzschmerzen ein Ausdruck ganz unterschiedlicher Probleme sein können. Dabei können Schäden an der Wirbelsäule auftreten oder die Ursachen können bis hin zu seelischen Konflikten reichen. Viele Orthopäden sprechen von einem „biopsychosozialen Schmerzmechanismus“. So komplex wie der Schmerz entsteht, so wirkungsvoll kann man ihn auch mit Krankengymnastik, Verhaltensanpassung und Schmerzmedikamenten therapieren. Damit lassen sich etwa 90 Prozent aller Patienten mit Kreuzschmerzen erfolgreich behandeln.

Wird zu viel operiert?

Trotz dieser – nicht ganz neuen – Erkenntnisse macht sich ein anderer Trend bemerkbar: Die Anzahl von Rückenoperationen hat sich in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt, wie Krankenkassen-Daten belegen und wie mittlerweile auch von ärztlichen Fachverbänden beklagt wird. Bei manchen Wirbelsäulenerkrankungen sind die gestiegenen OP-Zahlen zwar medizinisch plausibel, aber nicht die hohe Gesamtzahl. Der häufige, unspezifische Rückenschmerz ist aber keine Indikation für eine Operation. Diese Diagnose wird gestellt, wenn es zwar drückt und zieht im Kreuz, aber keine Hinweise auf eine Verletzung der Wirbelsäule, auf eine akute Entzündung oder gar auf einen Tumor vorliegen, der im Rücken „Raum fordert“.

Braucht man immer eine Röntgenuntersuchung oder ein MRT?

Auch neurologische Symptome wie Missempfindungen oder Lähmungen, die durch Wirbelsäulenschäden erklärbar wären, gilt es abzuklären. „Dafür muss man den Patienten gut klinisch untersuchen“, sagt auch Dr. med. Oleg Wolf, Arzt im Vertebral-Wirbelsäulenzentrum in Berlin im Interview mit „Mehr Leben“. Einer Röntgen- oder Kernspinuntersuchung bedarf es bei unspezifischen Schmerzen hingegen nicht. Die ärztliche Leitlinie rät sogar ausdrücklich davon ab, ohne konkrete Hinweise auf eine aktuelle und lokale Schädigung eine „bildgebende Diagnostik“ durchzuführen. Der Grund: Entdeckt werden dabei häufig Verschleißerscheinungen an der Wirbelsäule – auch Bandscheibenvorfälle – die den Kreuzschmerz zwar erklären könnten, tatsächlich aber gar nichts damit zu tun haben müssen. Studien haben gezeigt, dass viele Bandscheibenvorfälle keine Probleme bereiten, während umgekehrt heftige Rückenschmerzen bei völlig unversehrter Wirbelsäule auftreten können. Ein Zusammenhang zwischen bloßem Schmerz und dem Befund eines Vorfalls lässt sich demnach nicht herstellen – was aber offenbar häufig gemacht wird und zur „Übertherapie“ führt: Patienten erhalten eine Behandlung – üblicherweise eine Operation – die sie nicht benötigt hätten.

Verspannte Rückenmuskeln sind häufige Ursache

Oftmals schmerzt die verspannte Rückenmuskulatur. Die verschiedenen Muskelschichten bilden ein Stellglied: Verändern sich Statik und Mechanik des Rückgrats nur leicht – etwa, weil Zwischenwirbelgelenke verschlissen, verschoben bzw. blockiert sind – versucht die Muskulatur dagegenzuhalten. Das kann zu Verhärtungen führen, die wehtun und ihrerseits die Stabilität des kommunizierenden Systems schwächen. Wie stark solche Prozesse als Schmerzen wahrgenommen werden, steuert außerdem maßgeblich das Nervensystem. Stress und Unzufriedenheit vermindern die Filterleistung von Gehirn und Rückenmark und erhöhen so die Schmerzempfindlichkeit. Von psychischen Einflüssen kann entscheidend beeinflusst werden, ob die Schmerzen chronisch bleiben. Sind die Schmerzen nach sechs bis zwölf Wochen nicht abgeklungen, sollten sie „multimodal“ bekämpft werden – das heißt, nicht allein mit Arzneimitteln, sondern unterstützt durch Bewegungs- und Verhaltenstherapie.

Schmerzmittel können sein...

Medikamente sind wichtig, sonst ist ein Training ohne Schmerzen nicht möglich. Die Schmerzmittel sollten aber nur auf Anordnung des behandelnden Arztes und mit Bedacht eingesetzt werden. Bei der Bewegungstherapie soll der Patient wieder mobilisiert werden und sein Bewegungsapparat möglichst schmerzfrei sein. Daneben ist eine Verhaltenstherapie hilfreich, um den Umgang mit Schmerzen zu erleichtern und Gewohnheiten abzulegen, die dem Rücken schaden.

Sind Operationen doch sinnvoll?

Operationen sind in einigen Fällen sinnvoll. Gerade bei Schmerzen, die dem Verlauf von Nerven folgen oder sogar von dazu passenden neurologischen Ausfällen begleitet werden, weisen auf eine Druckschädigung hin, die sich nur operativ beheben lässt. Bandscheibenvorfälle oder auch eine Verengung des Wirbelkanals können solche Hindernisse bilden. Dabei hängt die Operation vom Ausmaß der daraus resultierenden Ausfälle ab. Ein zwingender Anlass zur Operation besteht meistens nur bei umfangreichen Lähmungen und bei neurologischen Störungen von Blase und Darm.

Welche Maßnahmen kann man vorbeugend anwenden, damit weniger oder keine Rückenschmerzen entstehen?

  • Auf eine längere Bettruhe bei Rückenschmerzen sollte verzichtet werden. aktive Bewegung im schmerzfreien Bereich baut schneller schmerzen ab. Mit mehr Bewegung wird eine bessere Durchblutung gewährleistet und schädliche Substanzen schneller im Körper abtransportiert, die Bildung von schmerzhemmenden Stoffen wird angeregt und somit die Schmerzwahrnehmung gedämpft.
     
  • Neben der Aktivität gilt es, die Wirbelsäulenmuskulatur und den Ischiasnerv zu entspannen, z. b. flach hinlegen und die Unterschenkel im rechten Winkel hoch lagern. Das trägt wesentlich zur Entspannung bei.
     
  • Eine Schonhaltung sollte vermieden werden. Hierbei werden bestimmte Muskelgruppen übermäßig beansprucht und verspannen. Damit schadet jede Schonhaltung dem Rücken, statt ihm zu nützen. bei einer verspannten Muskulatur hilft oftmals Wärme („feuchte Wärme“). auf die schmerzende stelle kann ein feuchtes Tuch und darüber eine Wärmflasche oder eine Heizdecke gelegt werden. so dringt die Wärme tief in das Gewebe ein, die Muskulatur wird gut durchblutet und entspannt.
     
  • Beim Rückentraining werden die betroffenen Wirbelsäulengelenke vorsichtig mobilisiert und verkürzte Muskeln gedehnt. Die entsprechende Rumpfmuskulatur wird gekräftigt, um die Wirbelsäule wie ein schützendes Korsett zu stützen.
     
  • Eine Massage kann die Durchblutung der Muskulatur verbessern, das Nervensystem beruhigen und somit Verspannungen lösen.
     
  • Psychische Belastung kann zu Verspannungen führen und wirkt sich über die Muskeln auch auf die Wirbelsäule aus. Rückenschmerzen sind daher auch immer ein wichtiges Warnsignal für zu viel Stress.
     
  • Die Rückenschule trägt zum Kennenlernen der „richtigen“ Bewegungsabläufe und Körperhaltungen im Alltag bei, z. b. das sitzen am Arbeitsplatz und sollte regelmäßig durchgeführt werden.
     
  • Werden Rückenschmerzen nach einigen Tagen schlimmer statt besser oder tritt zudem eine Lähmung auf, ist unbedingt der behandelnde Arzt aufzusuchen. Dieser kann die möglichen Ursachen feststellen, weitere diagnostische Untersuchungen anordnen oder zum Facharzt bzw. in spezialisierte Arztpraxen überweisen.


Tun Sie ihrem Rücken was Gutes

im Volksmund heißt es: „Jede Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied.“ Das gilt auch für den menschlichen Körper, da der Rumpf im heutigen Alltag nur noch zu einem kleinen Teil muskulär belastet wird. unser Körper ist eben nicht von Natur aus für einen achtstündigen arbeitsalltag im Sitzen konzipiert. Die Folgen sind eine Abschwächung der Rückenmuskulatur und eine eingeschränkte Beweglichkeit im Alltag. Durch regelmäßige Kräftigung der Rückenmuskulatur lassen sich mit einfachen Übungen Rückenbeschwerden vorbeugen oder bestehende Beschwerden lindern. Dabei ist immer darauf zu achten, dass das Verhältnis von Bauch- und Rücken-Muskulatur stets in einem ausgewogenen Verhältnis steht (muskuläre Balance). zusätzlich ist eine gute Beweglichkeit der Wirbelsäule eine wichtige Voraussetzung für Beschwerdefreiheit. eine gezielte Stabilisation der gesamten Rumpfmuskulatur ist elementar, um die Wirbelsäule auf ausdauernde Belastungen vorzubereiten.

Übungen


Langer Rücken

Legen Sie sich in Bauchlage auf den Boden. Die Beine und Arme sind gestreckt und liegen zu Beginn am Boden. Heben Sie nun die Arme vom Boden ab und strecken/beugen sie die Arme langsam. Achten Sie darauf, dass der Kopf bei der Bewegung noch immer in Verlängerung der Wirbelsäule steht. Der Kopf sollte dabei nicht überstreckt werden! Erschweren können Sie die Übung, indem Sie auch die Beine einige Zentimeter vom Boden lösen. Strecken Sie jeden Arm abwechselnd 10 bis 12 Mal.

Katzenbuckel / Pferderücken

Sitzen Sie aufrecht auf der Vorderkante eines Hockers/Stuhls. Die Beine stehen hüftbreit und unterstützen einen sicheren Sitz. Rollen Sie nun in einer ruhigen Bewegung die Wirbelsäule vom ersten Halswirbel bis zur Brustwirbelsäule, Wirbel für Wirbel, ein. Kehren Sie am Ende die Bewegung um, bis die Wirbelsäule deutlich überstreckt ist. Wiederholen Sie die Bewegung ca. 8 bis 10 Mal.

Seitneigung

Stehen Sie aufrecht mit leicht gebeugten Knien, die Füße stehen parallel zueinander, gerader Oberkörper. Die Arme sind in Richtung Decke gestreckt, zwischen den Händen halten sie einen Gymnastikstab oder ein gespanntes Handtuch. Neigen Sie nun den Rumpf zur Seite, die Hüfte bleibt dabei unverändert. Arme und Kopf folgen der Bewegung. Vermeiden Sie eine Ausweichbewegung im Beckenbereich! Die Übung jeweils 5 Mal pro Seite durchführen.

Rumpfrotation

Legen Sie sich in Rückenlage hin und winkeln Sie ein Bein im 90° Winkel an. Der Arm auf der angewinkelten Seite wird nach hinten auf dem Boden locker abgelegt. Führen Sie nun das gebeugte Bein über das gestreckte Bein, indem Sie die Hüfte drehen. Die Brustwirbelsäule bleibt dabei ruhig am Boden liegen. Versuchen Sie die Bewegung so weit wie möglich auszuführen. Halten Sie die Endposition für ca. 10 Sekunden bevor Sie wieder langsam in die Ausgangsposition zurückkehren. Wechseln Sie nun das Bein und wiederholen Sie die Übung jeweils 5 Mal pro Seite.

Rumpfbeugen

Stehen Sie aufrecht mit geraden, durchgestreckten Knien. Führen Sie nun in einer langsamen Bewegung den Oberkörper so weit wie möglich nach vorn unten. Führen Sie die Bewegung soweit aus, bis Sie einen spürbaren Dehnungsreiz im Bereich der hinteren Oberschenkelmuskulatur bzw. im Rücken spüren. Halten Sie die Position für ca. 7 bis 10 Sekunden und führen Sie danach die Bewegung langsam, Wirbel für Wirbel, wieder in die Ausgangsposition zurück.

Schulterblätter zusammenführen

Stehen Sie stabil und aufrecht mit leicht gebeugten Knien, die Füße stehen parallel, der Blick ist nach vorn gerichtet. Heben Sie die Arme auf Schulterhöhe, die Ellenbogen bilden einen 90° Winkel. Führen Sie nun die Arme langsam auf Schulterhöhe zurück in dem Sie die Schulterblätter möglichst weit zusammenführen. Halten Sie die Endposition für ca. 5 Sekunden und führen Sie danach die Arme wieder langsam in die Ausgangsposition. Wiederholen Sie die Bewegung 10 Mal.

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